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Ins Gespräch kommen

Redebeitrag beim Antikriegstag

Bereits im Jahr 1845 entstand die Idee eines „Internationalen Antikriegstages“; überall auf der Welt setzen sich seitdem Menschen dafür ein, dass Konflikte anders als mit militärischen Mitteln ausgetragen werden. Das ist auch unser Anliegen, das wir heute hier nach Aussen sichtbar und hörbar machen wollen.

Der Angriff der russischen Truppen auf das Nachbarland Ukraine führt uns das kriegerische Morden und sinnlose Zerstören seit mehr als einem halben Jahr  täglich vor Augen. Der Krieg ist uns gefühlsmäßig näher gerückt – auch wenn die Auswirkung von Kriegen an anderen Orten nicht weniger schlimm geworden sind. Denn weltweit versuchen immer mehr Staaten,  ökonomische und politische Machtinteressen mit militärischen Mitteln durchzusetzen.

Dass dieser Krieg zu verurteilen ist, ist unstrittig. Aber was kann eine verantwortungsvolle  Antwort sein in diesem Konflikt?  Viele Fragen haben uns umgetrieben in diesen Monaten und es ist uns auch klar geworden, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Auch unter Freund*innen, die sich seit Jahren gegen Militarisierung  und Krieg engagiert haben,  hat dieser Krieg zu viel Verunsicherung  und  Auseinandersetzungen geführt. Und eine antimilitaristische Bewegung kaum noch sichtbar werden lassen.

Gerade deshalb ist es uns wichtig, all die Aspekte und Fragen nicht immer nur im eigenen Kopf zu wälzen oder im eigenen Sumpf zu bereden, sondern miteinander ins Gespräch zu kommen. Dafür wollen wir heute einen Rahmen schaffen.

Die von der Bundesregierung ausgerufene „Zeitenwende“ - eine massive Aufrüstung und eine indirekte Kriegsbeteiligung durch die Lieferung von immer mehr und immer schwereren Waffen haben ihre Wirkung gezeigt. Die mediale Aufarbeitung hat viel dazu beigetragen, um diese  Reaktion in den Köpfen der Menschen  als einzig richtige und unausweichliche Antwort auf dieses kriegerische Geschehen zu verankern. Mit dieser militärischen und auch atomaren Aufrüstung soll eine neue „Sicherheitsstrategie“ entwickelt werden. Nur das könne uns Menschen Sicherheit geben, wird uns suggeriert.

Wir stellen heute, am Antikriegstag, die Frage: Was ist das für eine Sicherheit? Ist das die Sicherheit, auf die wir vertrauen? Gibt es andere Vorstellungen von einem „sicheren“ und guten Leben für alle? Was bedeutet „Sicherheit“ für Dich? Darüber wollen wir mit Dir, mit Euch, mit Ihnen ins Gespräch kommen.

Kann  Sicherheit nur militärisch gedacht werden?  Ist militärische Aufrüstung tatsächlich ein Garant für ein sicheres Leben?  Die Geschichte und die weltweiten kriegerischen Auseinandersetzungen zeigen uns etwas ganz anderes. Schon jetzt stehen sich hochaufgerüstete, mit Atomwaffen ausgestattete  mächtige Industrienationen  gegenüber, und es wird weltweit weiter massiv aufgerüstet. Auch die Bundesregierung hat beschlossen, ein angeblich notwendiges, notfalls auch atomares Bedrohungsszenario aufzubauen, um in einem  sogenannten „Gleichgewicht des Schreckens“ den Menschen Sicherheit zu gewährleisten. Eine äußerst fragile „Sicherheit“: ein kleiner Anlass oder Fehler genügt, um Kriege auszulösen und  die ganze  Welt zu zerstören. Was für ein Wahnsinn!

Dagegen stehen ganz andere Vorstellungen; eine davon ist das Verständnis von „Menschlicher Sicherheit“, das schon vor Jahren bei den Vereinten Nationen als Richtschnur für eine erstrebenswerte Entwicklung hin zu einem guten Leben für alle formuliert wurde.

  1. Sicherheit als die Freiheit von Furcht und Not - ein gutes Leben für alle .
  2. Ein rechtin Recht auf Sicherheit für alle Menschen. Gelebte Solidarität zwischen den Menschen schafft Sicherheit, nicht Herrschaft über sie.
  3. Sicherheit kann nicht erzwungen werden. Sie braucht Zeit, Geduld und Kooperation.
  4. Sicherheit als unsere gemeinsame Verantwortung. Sie kann nicht den Regierungen und wenigen mächtigen Staaten überlassen werden.

Warum zeigen solche Überlegungen in diesen Zeiten so wenig Wirkung?
Warum betreibt die Politik das pure Gegenteil?

Unser weltweit herrschendes Gesellschaftssystem, unser Wohlstand, basiert auf Konkurrenz um wirtschaftliche und politische Macht, auf schier unbegrenztem Wachstum und Profitstreben, auf Ausbeutung von Natur und Menschen. Rüstung und Militär sind notwendiger Teil davon, um Interessen, wenn nicht anders möglich,  auch durchsetzen zu können:  Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Kann es in so einem System überhaupt  sowas wie menschliche Sicherheit geben?

Diese Art der Vernunft,  diese Logik unseres Wirtschaftssystems wird als einzigartig und Wohlstand-versprechend  immer weiter festgeschrieben und  „modernisiert“ aufrechterhalten, auch wenn die zerstörerischen Folgen davon immer sichtbarer und spürbarer werden. Immer mehr Menschen wird klar: Eine grundlegende Veränderung ist dringender denn je!

Die Dichterin Ingeborg Bachmann hat dazu geschrieben: „Über den Krieg jammern, das kann jeder. Was man jedoch nicht kann, ist einzusehen, dass der existierende Friede eine Art Krieg ist, ein eingefrorener Krieg – der im „heißen“ Krieg explodiert. Auch deshalb war der Krieg bisher unabwendbar.“

Wir wollen mit Euch darüber sprechen, wie wir diesen „eingefrorenen Krieg“ verändern können, wie wir mehr werden und gemeinsam mit Euch in vielen kleinen Schritten eine Entwicklung voranbringen hin zu einem solidarischen Miteinander weltweit.

Eine andere Welt ist dringend  nötig und möglich.

Neben Redebeiträgen wird es auf der Kundgebung am Marktplatz viel Raum geben für Gespräche und Überlegungen untereinander.

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